Alessia Kern - Stadttauben – oft als Plage abgestempelt, doch selten verstanden – sind mehr als blosse gefiederte Bewohner urbaner Räume. Ihre Geschichte, eng mit der des Menschen verwoben, reicht Jahrhunderte zurück. Einst domestiziert und geschätzt, kämpfen sie heute in den Städten ums Überleben, entwurzelt und heimatlos. Dabei sind ihre Existenz eng mit dem menschlichem Handeln verknüpft.

Von der Felsentaube abstammend, wurden sie gezüchtet, um als Fleisch- und Eierlieferanten, Briefboten oder Liebhaberobjekte zu dienen. Heute sind Stadttauben verwilderte Nachfahren dieser Haustauben und prägen vielerorts das Stadtbild. Doch ihr Leben ist von grossen Herausforderungen geprägt: mangelhafte Ernährung, Krankheiten und fehlender Schutz. Die Zucht der Haustaube zielte damals darauf ab, ihre Fortpflanzungsrate zu maximieren und territoriales Verhalten zu eliminieren. Diese künstlich herbeigeführten Eigenschaften führen heute zu grossen Problemen: Stadttauben brüten unabhängig vom Nahrungsangebot mehrmals jährlich und oft auf engstem Raum. Nester werden jahrelang genutzt, was Krankheiten und Parasiten begünstigt. Viele der verlorengegangene Instinkte erschweren ihr Überleben in den Städten zusätzlich. Da die Tauben nicht auf natürliche Nahrungsquellen zurückgreifen können, ernähren sie sich meist von Weggeworfenem oder Essensresten von Menschen. Diese einseitige Ernährung schädigt ihre Gesundheit und verursacht den flüssigen Kot (Hungerkot), den viele Menschen als besonders lästig empfinden. Artgerechtes Futter, wie Körner und Samen, würde gesündere Tiere und weniger Verschmutzung nach sich ziehen. In der Schweiz werden verschiedene Methoden zur Bekämpfung der Taubenproblematik angewandt. Häufig herrscht in den Städten ein striktes Fütterungsverbot, oder es wird mit ethisch fragwürdigen Tötungsaktionen versucht, die Taubenpopulation zu regulieren. Diese Massnahmen zeigen jedoch nur geringen Erfolg, da sich die Populationen unabhängig vom Futterangebot vermehren und nach den Tötungsaktionen rasch wieder auf ihre ursprüngliche Grösse anwachsen.
Stadttauben brüten unabhängig vom Nahrungsangebot mehrmals jährlich.
Ein tierschutzgerechter und nachhaltiger Ansatz bietet hingegen das Augsburger Modell, welches sich vielfach bewährt hat. Hierbei werden betreute Taubenschläge eingerichtet, in denen die Tiere versorgt und die gelegten Eier regelmässig gegen Attrappen ausgetauscht werden. Dies ermöglicht eine effektive Regulierung der Population bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensbedingungen der Tiere. Dieses Modell wird bereits in vielen deutschen Städten und auch in Wien erfolgreich umgesetzt. In der Schweiz setzt sich unter anderem der Verein Stadttauben Basel für ein Konzept nach diesem Vorbild ein, welches den Schutz der Tauben in den Mittelpunkt rückt.
Brieftauben
Gemäss Recherchen des Schweizer Tierschutz STS kehren jährlich kaum die Hälfte der für Rennen ausgesetzten Tauben in die Schläge ihrer Besitzer zurück. Es ist davon auszugehen, dass ein Grossteil dieser Renntauben in der rund dreimonatigen Wettflugsaison zu Tode kommt. Viele sind bei diesen Wettflügen, die oft über mehrere hundert Kilometer weit gehen, überfordert. Sie verirren sich, werden Opfer von Beutegreifern oder verenden entkräftet und elendig. Manche der Tiere, die sich verirrt haben, dürften sich auch Taubenpopulationen in den Städten anschliessen und damit die Problematik der Strassentauben verschärfen. Die Ausübung eines Sportes, bei dem regelmässig ein hoher Anteil der eingesetzten Tiere stirbt, erlaubt unser Tierschutzgesetz nicht. Wer an solchen Wettflügen teilnimmt, nimmt nach Meinung des STS mindestens in Kauf, dass ein Teil seiner Tiere qualvoll stirbt oder verloren geht und erfüllt damit den Tatbestand der vorsätzlichen Tierquälerei (gemäss Art. 26 Tierschutzgesetz.)
Forderungen des Schweizer Tierschutz STS: Umfassende Kontrollen der Taubenbestände bei Haltern mit mutmasslich hohen Verlusten. - Korrekte Klärung der Ursachen der hohen Tierverluste an Rennen. - Konsequente Auflagen, damit die hohen Verluste gesenkt werden können. - Überprüfung dieser Massnahme hinsichtlich Zielerreichung. - Sollte das Ziel einer Verringerung der Verluste nicht erreicht werden, sind Taubenrennen in der Schweiz zu verbieten. - Die «übrigen» Taubenverluste sind zu analysieren und Auflagen zur Verbesserung der Situation zu erlassen und die Wirkung zu überprüfen. - Konsequente Kontrolle der Transporte der Tiere.

Möchten Sie sich für Stadttauben engagieren? Auf der Webseite des Vereins "Stadttauben Basel" finden Sie zahlreiche hilfreiche Informationen und Möglichkeiten, aktiv zu werden. Zudem bietet die Webseite eine Übersicht über Auffangstationen für verletzte Tiere. ---------------------------- www.stadttauben-basel.ch